In den nächsten Tagen findet in Berlin wieder die „Berlin Fashion Week“ statt. Inzwischen ist Berlin in der internationalen Modeszene ein Begriff geworden. Modefirmen, Designer, Fotografen und Models aus der ganzen Welt kommen zweimal im Jahr in die Hauptstadt. Dies ist nur ein Beispiel für eine Entwicklung, die Thomas Straubhaar, Direktor des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstitutes, unlängst analysiert hat. In einem bemerkenswerten Artikel, den die WELT AM SONNTAG unter der Überschrift „Berlin wird produktiv“ veröffentlichte, vertrat er folgende These:
Kreative Menschen machen Großstädte erfolgreich. Berlin hat es geschafft, sich als Magnet für Kreative zu positionieren. „Über 2000 Film- und TV-Unternehmen haben ihren Sitz in Berlin, darunter mehr als 60 Fernsehsender und TV-Produktionsfirmen wie die Ufa-Gruppe mit teamWorx, Ufa Film- und TV-Produktion, Phoenix Film, MME Moviement, Odeon und Ziegler-Film.“ Ebenso attraktiv ist Berlin für Musikunternehmen. Inzwischen gibt es 150 Musikverlage in der Stadt.
In den vergangenen fünf Jahren sind 120.000 neue Arbeitsplätze in Berlin entstanden, viele im Dienstleistungssektor, und zwar insbesondere auch in dem Bereich, den man die „kreative Wirtschaft“ nennt. Der amerikanische Stadtforscher Richard Florida hat den Begriff der „kreativen Klasse“ entwickelt. Diese Klasse unterscheidet sich von den klassischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern durch ihren Hang zum Nonkonformismus, zum „Verrückten“.
In den Vereinigten Staaten sind die großen, bahnbrechenden Firmen als Ideen von „Ausgeflippten“ entstanden, von Menschen wie Steve Jobs (Apple) oder Mark Zuckerberg (Facebook), Lerry Page und Sergej Brin (Google). Sie alle sind bereits sehr jung mehrfache Milliardäre geworden und sie alle gehören zu einer neuen Gründergeneration. Schon vom Outfit her unterscheiden sie sich vom traditionellen Business. Zuckerberg trägt am liebsten Badelatschen zu Jeans, grauem T-Shirt und Fleecepulli. Bei einer namhaften Venture-Capital-Firma trat er sogar einmal im Pyjama auf und erklärte zu seiner „Entschuldigung“: „Ich bin keine Ausnahme. Steve Jobs von Apple ist bei denen sogar ganz ohne Schuhe reinmarschiert.“
Natürlich, in Berlin wurden noch keine Firmen wie Facebook oder Google gegründet. Aber es entsteht hier ein Humusboden an Kreativen, die viele weitere Kreative nach sich ziehen. Es ist eine Eigendynamik entstanden, die der Direktor des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstitutes so beschreibt: „Hat es eine Stadt einmal geschafft, als attraktiv zu gelten, dann kommt es zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung. Erfolgreiche Städte werden noch mal erfolgreicher, weil immer mehr clevere Menschen ins Zentrum wandern.“ Früher habe es geheißen: „People follow jobs“, für die Kreativen gelte dagegen „Jobs follow people“. Die Eigendynamik, die so in Gang gesetzt wurde, stärkt natürlich auch die Nachfrage nach Wohnimmobilien, so dass es kein Wunder ist, dass gerade in „Szenebezirken“ wie Prenzlauer Berg oder Mitte die Mieten besonders stark gestiegen sind.