Zu hohe Faktoren für
Bestandswohnungen

Oft werden heute Schwindel erregende Faktoren für Bestandswohnungen gezahlt. Für Eigentümer von Zinshäusern ist das eine hervorragende Chance, zu verkaufen. Aber was treibt die Käufer? Wie rechnen sie?

Manche kaufen Zinshäuser nicht, um sie langfristig im Bestand zu halten, sondern um sie in Eigentumswohnungen aufzuteilen. Für sie ist der Faktor nicht entscheidend, sondern der Quadratmeter-Preis. Daher ist es verständlich, wenn sie Faktoren zahlen, die aus Sicht eines vernünftigen Bestandshalters zu hoch sind.

Es ist jedoch zu beobachten, dass auch Käufer, die keinen Exit über die Aufteilung planen, sondern die das Objekt langfristig im Bestand halten wollen, teilweise Kaufpreise zahlen, bei denen nach Bewirtschaftungskosten sowie unter Berücksichtigung realistischer Instandhaltungsaufwendungen lediglich eine Rendite von 1-2 Prozent bleibt.

Bei diesen Käufern sind indes Mieterhöhungspotenziale eingepreist. Nehmen wir an, ein Zinshaus mit 1.000 qm ist heute für 6 Euro vermietet, es wird also eine Jahresmiete von 72.000 Euro erzielt. Der Verkäufer verkauft für den Faktor 30, also für 2.160.000 Euro. Inklusive Transaktionskosten zahlt er 2.440.000 Euro. Die Bruttorendite liegt unter drei Prozent, nach Bewirtschaftungskosten bleibt ihm vielleicht etwas mehr als ein Prozent. Für ein Immobilieninvestment aus meiner Sicht viel zu wenig.

Der Erwerber rechnet jedoch anders. Denn am Markt kann er heute bei der Neuvermietung eine Miete von 10 Euro erzielen. Wenn er irgendwann an diesem Ziel ist, dann hat er 120.000 Euro Mieteinnahmen. Wenn er mit einer Soll-Miete von 10 Euro rechnet, beträgt der Faktor auf den Kaufpreis (ohne Transaktionskosten) 18, liegt also im sehr vernünftigen Bereich.

Diese Rechnung hat der Erwerber jedoch ohne Einbeziehung der Mietpreisbremse gemacht. Es ist kein Geheimnis, dass die Mietpreisbremse heute überwiegend ignoriert wird. Ich halte das für einen Fehler. Vielleicht gelingt es dem Vermieter in der heutigen Marktlage nach dem Auszug eines Mieters die Miete auf 10 Euro zu erhöhen. Liegt die Miete, die er laut Mietpreisbremse vereinbaren darf, in unserem Beispiel jedoch bei sieben Euro, dann läuft er Gefahr, dass der Mieter irgendwann die um drei Euro überhöhe Miete rügt, mit der Konsequenz, dass er auf sieben Euro reduzieren muss. Solche Rügen werden heute selten ausgesprochen, aber ich halte es für naiv, davon auszugehen, dass dies langfristig so bleiben wird. Die Politiker werden nicht einsehen, dass die Mietpreisbremse eine unsinnige Regelung ist und sie wieder abschaffen, sondern sie werden sie verschärfen. Die Mietervereine und die Medien werden dafür sorgen, dass die Mieter in viel höherem Maße, als dies heute der Fall ist, überhöhte Mieten rügen.

Daher verstehe ich Investoren, die verstärkt in neu errichtete Wohnungen investieren. Denn dort gilt die Mietpreisbremse nicht, d.h. es können rechtssicher und nachhaltig Marktmieten vereinbart werden, und zwar sowohl bei der Erstvermietung wie auch bei der Wiedervermietung