“Alle Macht den Räten”, lautete eine der Parolen der Bolschewiki bei der Russischen Oktoberrevolution. Und schon seit der von Karl Marx bewunderten “Pariser Kommune” übt die Idee der “Rätedemokratie” eine ungebrochene Faszination auf alle Linken, Sozialisten und Grünen aus.
In Berlin sollen jetzt Mieterräte faktisch die Macht über die städtischen Wohnungsgesellschaften bekommen. So will es eine Initiative “Mietenvolksentscheid e.V.”. Stadtentwicklungssenator Geisel hat sich bereits lobend zu dem Vorschlag geäußert, wenn er auch Bedenken wegen der massiven Belastung des Landeshaushaltes hat. An vielen der in dem Gesetzentwurf genannten Vorschläge arbeite der Senat bereits, so ließ er erklären. Die Grünen und die Linken sind sowieso dafür.
Jetzt werden erst einmal 20.000 Unterschriften für einen Antrag auf ein Volksbegehren gesammelt. Ich habe nicht den geringsten Zweifel, dass diese Unterschriften zusammenkommen, zumal sie von den Berliner Mietervereinen mit 100.000 Mitgliedern unterstützt werden. Und ich sehe auch die Aussichten für einen Volksentscheid als sehr gut an. Zur Erinnerung: Vor rund einem Jahr verhinderten die Berliner mit einem Volksentscheid bereits die Bebauung von Randflächen des Flughafens Tempelhof – und verstärkten damit den Wohnraummangel in Berlin.
Es gibt einen 53 Seiten umfassenden ausformulierten Gesetzentwurf für ein “Berliner Wohnraumversorgungsgesetz”. Dieses sieht vor, dass die städtischen Wohnungsunternehmen degewo, Gesobau, Howoge, Stadt und Land, WBM und Gewobag in “Anstalten öffentlichen Rechts” umgewandelt werden sollen.
Das Land Berlin haftet uneingeschränkt für alle Verbindlichkeiten der Anstalten. Das heißt: Mieter und Arbeitnehmer der Wohnungsgesellschaften bestimmen künftig, ob die Miete erhöht und ob modernisiert wird, aber die gesamten Risiken trägt das Land Berlin. Letztlich genehmigen sich Mieter eine günstige Miete (die soll nur bis 5 Euro betragen) auf Kosten des Landeshaushaltes.
Die entscheidende Rolle in diesen Anstalten soll ein Verwaltungsrat spielen. Die Hälfte der 16 Mitglieder kommt aus der Politik, die andere Hälfte sind Räte:
- Vier Mitglieder sind Vertreter des Gesamtmieterrates
- Zwei Mitglieder sind Vertreter des Fachbeirates, der sich aus Mieterinitiativen und Verbänden der Sozialarbeit und Wohlfahrtspflege zusammensetzt
- Zwei Mitglieder sind Arbeitnehmervertreter der Wohnungsunternehmen.
Natürlich ist das alles streng quotiert. Gesetzlich geregelt ist, wie viele Räte ohne deutsche Staatsangehörigkeit sein sollen, wie viele Räte einen Migrationshintergrund haben müssen, wie viele Mitglieder schwerbehindert sein müssen usw. Und natürlich sind die Räte verpflichtet, gemäß der feministischen Gender-Ideologie zu agieren. Die Anstalten verpflichten sich laut § 28 Abs. 2, “bei allen Maßnahmen und auf allen Ebenen die Strategie des Gender Mainstreamings anzuwenden” und müssen darüber auch einen Bericht erstellen.
Wirtschaftliches Denken ist dagegen nicht gefordert und wohl auch nicht erwünscht, obwohl die Räte allen Maßnahmen (wie Verkauf, Instandhaltung, Modernisierung, Mieterhöhungen usw.) zustimmen müssen. Ohne die ausdrückliche Zustimmung des “Gesamtmieterrates” ist keine dieser Maßnahmen zulässig (§ 22, Abs. 2). Die Umsetzung des Gesetzes würde die Wohnungsgesellschaften rasch in erhebliche finanzielle Probleme bringen. In § 13 Abs. 5 des Gesetzentwurfes ist faktisch ein kostenloses Wohnrecht für alle festgelegt, denn wer seine Miete nicht zahlt, hat laut dem Gesetzentwurf nicht mit Konsequenzen zu rechnen. Deshalb ist es natürlich künftig auch überflüssig (und sogar verboten) vor Abschluss des Mietvertrages die Bonität des Mieters zu prüfen. Wörtlich heißt es dort: “Das Verlangen eines Bonitätsnachweises einer privaten Auskunftei als Bedingung für den Abschluss eines Mietvertrages ist nicht zulässig… Bei Haushalten mit Leistungsbezug nach SGB II, SGB XII, Asylbewerberleistungsgesetz oder Grundsicherung im Alter sind Zwangsräumungen aufgrund von Mietrückständen ausgeschlossen.”
Ein Bekannter von mir, dem einige Wohnimmobilien in Berlin gehören, meinte zu dem Vorschlag: “Ich werde bei einem Volksentscheid dafür stimmen. Denn dann übernehmen die städtischen Gesellschaften alle Problemmieter, und das macht uns privaten Vermietern das Leben leichter.” Ich verstehe das Argument, habe ihm jedoch widersprochen: So sehe ich das nicht. Zumal ja der Steuerzahler für all das aufkommen muss. Zudem wette ich darauf, dass schon bald die Forderung laut wird, dass solche Regelungen (Verbot von Bonitätsauskünften und Räumungen bei Mietschulden) dann nicht nur für die städtischen Wohnungsgesellschaften, sondern ebenfalls für private Immobilienunternehmen gelten sollen.